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Mit der Herausgabe des vorliegenden Sagenheftes setzt die Arbeitsgemeinschaft des NSLB.
die vor mehreren Jahren begonnene Pflege des Sagengutes unserer Heimat fort. Dank der
unermüdlichen Arbeit eines unserer Kameraden, des Hauptlehrers E. Koglin in Pollnow,
liegt eine Fülle neuen Erzählgutes vor uns. Damit ist wieder einmal eindeutig bewiesen,
daß das Volksgut auch in unserem Gau und insbesondere auch in unserem Heimatkreis immer
noch auf Gebieten zu finden ist, die oftmals als unergiebig bezeichnet werden.
Wenn auch die Wertung des Erzählgutes sehr schwierig ist, so ist sich der Mitarbeiterkreis
doch darüber klar, daß ein solches Heft Gutes und weniger Gutes enthalten muß. Soweit es
sich um Spuk- und Geistergeschichten handelt, wäre es kein Schade, wenn die eine oder andere
Erzählung wegen ihrer Entstehung aus dem Aberglauben nicht der Nachwelt erhalten bliebe;
leider verschwindet dann aber auch der oft darin als Bruchstück oder sogar nur als Andeutung
enthaltene Volksglaube, dessen Pflege die Gegenwart aus naheliegenden Gründen zum Nutzen
unseren Volkstums übernehmen muß. Dieser Gedanke ließ manchen Bericht aufnehmen, der auf
den ersten Blick als nicht so wertvoll erscheint. Es erwächst nunmehr die Aufgabe, alte Werte
zu erkennen, sie klarer herauszustellen und damit neues Erzählgut der Form und dem Inhalt
nach vorzubereiten.
Eine Hilfe dazu bieten die Anmerkungen, die einen Einblick in die Kleinarbeit des Sagensammlers
geben und die unter anderem zeigen, wie „Sagentrümmer“ zu neuem Erzählgut gestaltet werden.
Die volkskundliche Wissenschaft, die heute mitunter geneigt ist, auf die großen Sagensammler,
wie z. B. die Gebrüder Grimm, zu warten, wird auch bei richtigem Verständnis für die
volkstumspflegerische Kleinarbeit das hier gebotene Arbeitsergebnis annehmen und zumindest
motivgeschichtlich verwerten können.
Doch noch eine andere Auswertungsmöglichkeit erschließt sich dem, der den Fragen und Forderungen
der Zeit offen gegenüber steht. Der deutsche Erzieher hat bisher in seiner heimatkundlichen
Einstellung das Volksgut und insbesondere das Erzählgut im weitesten Umfange bei seiner Arbeit
verwandt. Was die Heimatkunde für die Grundschule war und ist, muß nun aber noch im gleichen Maße
die Deutsche Volkskunde für die Mittel- und Oberstufe aller Schularten werden. Die von der
Reichsverwaltung des NSLB. angeregte Bewegung der Volkstumspädagogik kann Anlaß werden,
bisherige Stoffe und Wege zu überprüfen und die Volksgüter noch bewußter in den Dienst der
Erziehung zum deutschen Volkstum zu stellen. Die Erziehungswissenschaft hat in den vergangenen
Jahrzehnten in verschiedenster Hinsicht versucht, letzte Lösungen zu finden; aber weder die
Denkformen der Formalstufen, noch psychologische Übersteigerungen oder gar die freieste
Beweglichkeit in Stoff und Methode haben befriedigt. Wenn nun heute auch auf diesem Gebiet
das Volkstum Lehrmeister sein soll, so wird da vielleicht die Hoffnung berechtigt sein,
daß eine vorzunehmende pädagogische Gleichschaltung mit den Dingen, die in uns und um uns sind,
eine wichtige, wenn nicht gar die endgültige Lösung von Erziehungfragen darstellen kann.
Auch unter diesem Gesichtspunkt wird Auswahl und Prüfung des hier gegebenen Erzählgutes vorzunehmen sein.
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Noch fehlt der Arbeitgemeinschaft und ihren Heimat- und Volkstumsfreunden eine Möglichkeit,
die hier in ihren Ergebnissen gezeigte Kleinarbeit laufend der Öffentlichkeit zugänglich zu machen
und andere dadurch zu weiterer Arbeit anzuregen. Die Tageszeitung bemüht sich um die Volktstumsfragen,
doch wäre für die oben gekennzeichneten Dinge mehr Raum zu wünschen, sei es in Form einer Sonderseite
oder einer Sonderbeilage.
Eine Heimatbeilage alten Stils könnte den heute zu stellenden großen Aufgaben nicht gerecht werden.
Der Namenswechsel: Volkstumsbeilage soll mehr sagen, als das neue Wort andeuten kann. Die Deutsche
Volkskunde als politische Wissenschaft ist anerkannt. Ihre praktische Gestaltung in den Volkstumsfragen
ist die Form, die stets in der Heimat enden und damit auch dem Gesicht dieser Heimat, der bodenständigen
Zeitung, wesentliche Züge einprägen muß. Dadurch könnte auch wertvolle Vorarbeit für ein Heimatbuch
des Kreises geleistet werden, ein Zwischenziel, das unserer Arbeit noch immer vorschwebt. Ein großer
Leserkreis würde diese volkstumspflegerische Arbeit der Presse dankbar begrüßen, die sicher zu erwartende
fruchtbare Mitarbeit könnte manches alte Volksgut retten und aufbauend neues gestalten. -
Allen Mitarbeitern der Arbeitsgemeinschaft, seien sie Gestalter, Erzähler oder auch nur Vermittler
vorliegendes Erzählguts, gebührt der Dank für ihre selbstlose Arbeit an diesem Heft, in ganz
besonderem Maße aber unserem Kameraden Hauptlehrer E. Koglin in Pollnow. Gern gedenke ich auch der
Förderung, die unser Heimatforscher, Konrektor Rosenow, dem Heft zuteil werden ließ. Endlich ist es
mir eine angenehme Pflicht, den Stellen zu danken, die auch diesmal die Herausgabe ermöglichten,
insbesondere die Regierung in Köslin, der Stadt Pollnow und dem Verlag, der in weitgehendem Maße
Verständnis für unsere Arbeit zeigte.
Stettin, im März 1939.
W. Beyersdorff
Leiter der Arbeitsgemeinschaft für Heimat-
und Volkskunde NSLB., Kreisgruppe Schlawe
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