vorherige Seite
Von E. Koglin
In Schloßstraße zu Pollnow fällt dem Beschauer bald ein zweistöckiges Gebäude auf, das durch seine hier
ungewöhnliche Länge einen starken Gegensatz bildet zu den vielen schmalbrüstigen Häuschen in den übrigen
engen Straßen des Städtchens. Er empfindet angenehm die strenge Einfachheit der langen Front mit den
gleichmäßigen Fensterreihen. Dann aber beachtet er vielleicht auch bald an den Fensternischen die
ungewöhnliche Dicke der Mauern und ahnt, daß dieses Gebäude ursprünglich andern Zwecken gedient hat.
Noch vor wenigen Jahrzehnten war das „Schloß“ von Ställen, Scheunen und Speichern umgeben. Grüne
Schlinggewächse hüllten die altersgrauen Mauern ein. Vor ihm, an der andern Seite der jetzigen Schloßstraße,
befand sich der Schloßpark mit schönen, hundertjährigen Bäumen. Auf einem Teiche tummelte sich Wassergeflügel;
ein mit Gesträuch bewachsener Hügel wurde Burgwall genannt und erinnerte durch diesen Namen an längst
vergangene Zeiten, die dem Schlosse größere Aufgaben gestellt hatten als die Gegenwart.
Schon in grauer Vorzeit, von der wir keine genaue Kunde haben, befand sich hier auf einem Hügel inmitten
von Sumpf und Wasser wohl ein Burgwall, wie längs der Grabow auch in Wusterwitz und Krangen, ferner in
Sydow und Papenzin. Diese Befestigungen dienten wohl zum Schutze der alten Handelstraße, die von dem
Bernsteinlande an der Ostsee an der Grabow entlang nach dem fernen Süden führte. Sie wurde in späterer
Zeit ein beliebtes Einfallstor der Polen bei ihren Kriegszügen nach Pommern, und es werden sich in unserer
Gegend oft genug erbitterte Kämpfe abgespielt haben. Jedenfalls lebt eine Erinnerung daran noch in
verschiedenen Sagen fort (vgl. Nr. 26 und 51, ferner Anmerk.).
Der Burgwall wurde im Mittelalter weiter ausgebaut und befestigt, doch ist heute von all den Anlagen nur
das Wohngebäude erhalten geblieben, und auch dieses nur mit großen Veränderungen. Neben Wertlosem und
Morschem ist leider auch manches beseitigt worden, das der Stadt als Schmuck und wertvolle Eigenart hätte
sorgfältig erhalten bleiben müssen. Die schönen Bäume sind verschwunden; der Park ist Baugelände geworden.
Über die erste Entstehung der Stadt läßt sich nichts Genaueres sagen, da Urkunden darüber fehlen, ebenso
sind die Besitzverhältnisse in dieser Zeit nicht geklärt. Im Jahre 1295, „nach dem Tode des letzten
hinterpommerschen Herzogs Mestwin II., gelangten Schloß und Stadt Pollnow nebst dazugehörigem Lande und
Adel an Herzog Bogislaw X. von Polen“. Dieser unterstellte es seinem Statthalter Graf Peter Schwenz (Svenzo)
zu Neuenburg und Tuchel und dessen Nachkommen. Im Jahre 1308 schon war aber der Markgraf Waldemar von Brandenburg
Lehnsherr des Grafen Schwenz.
Noch mehrmals wechselten die Besitzer des Schlosses, bis es schließlich an den Vater von Bogislaw X., an den
Herzog Erich II. von Pommern, kam. Dieser vertauschte im Jahre 1472 Schloß, Stadt und Land Pollnow nebst der
Hälfte der Dörfer Jatzingen und Rotzog laut einem zu Rügenwalde geschlossenen Tauschvertrage an den „Fürstlich
Pommerschen Rat Peter Glasenapp zu Koprieben“ für sechs Dörfer (s. Anmerk.).
|
nächste Seite
Gleichzeitig wurde Glasenapp von Herzog Erich II. mit dem Landvogteigericht über die im Lande Pollnow wohnenden
Edelleute belehnt, wonach ihm die Aburteilung geringer Vergehen und Frevel zustand, er selbst aber dem Landgerichte
untergeordnet und nur in der Verwaltung selbständig war. 1489 jedoch verlegte Herzog Bogislaw X., der eine Stärkung
der Herzogsgewalt anstrebte, das Landvogteigericht nach Rügenwalde.
Die Stadt Pollnow war als Lehen eines Edelmannes eine Mediatstadt, d. h. sie unterstand nicht unmittelbar dem
Landesherrn und hatte keine eigene Gerichtsbarkeit. Dieses Abhängigkeitsverhältnis hat ihre Entwicklung durch
drei Jahrhunderte gehindert. Die Tatkraft der Bürger wurde gelähmt, sie selbst von ihren Herren in stärkster
Weise ausgebeutet (vgl. Nr. 28). Dazu kamen verschiedene große Brände: 1609, im 30jährigen Kriege, 1656 beim
Poleneinfall, und schließlich im Jahre 1736, so daß die Stadt gänzlich verarmte.
In der Stadtchronik findet sich folgende Schilderung des Brandes am 31. März 1736:
„Das Feuer kam um 11 Uhr vormittags ohnweit der Mühle aus und legte innerhalb zweier Stunden 89 Häuser,
sämtliche Scheunen und Stallungen, die Mühle, Kirche, das Pfarrhaus und die Schulwohnung in Asche. Außer
dem herrschaftlichen Wohnhause blieben nur 11 Wohnungen stehen. Es kamen bei diesem Feuer, welches, da die
meisten Häuser noch mit Stroh gedeckt waren, mit rasender Eile um sich griff, viele Menschen zu Schaden,
auch verbrannte eine große Menge Vieh. Was davon noch aus der Feuersbrunst gerettet wurde, fiel dem Tode
des Erfrierens anheim, da in der Nacht nach dem Brande eine ungewöhnliche Kälte eintrat und die Leute bei
dem Mangel an Obdach mit Vieh und Pferden unter dem blauen Himmel biwakieren mußten.
Von der Kirche blieben nur die Mauern stehen. Die Heftigkeit des Feuers war so groß, daß in den Kirchengewölben
sogar einige Särge verzehrt wurden. Die Glocken zerschmolzen; Orgel, Altar, Kanzel und die ganze innere
Ausschmückung verbrannte, so daß am ersten Osterfeiertage der Gottesdienst auf den noch rauchenden Trümmern
der Kirche abgehalten werden mußte, zu welchem bei dem Mangel an Glocken die Leute durch Trommelschlag eingeladen
wurden.
Die infolge dieses furchtbaren Brandes eingetretene große Not wurde durch reichliche mildtätige Spenden der
umliegenden Städte und Ortschaften einigermaßen gelindert. Von diesen wurden Lebensmittel, als Brot, Erbsen,
Bohnen, Gerste, Mehl, Speck, Butter usw., wie auch Bier und Branntwein sofort hergesendet, und nur die Stadt
Kolberg zeichnete sich durch große Härte aus, da der dortige Magistrat weder eine Kollekte unter den Bewohnern
dieser Stadt zuließ, noch selbst zur Linderung der Not sein Scherflein beizutragen sich veranlaßt gefühlt,
unter dem Vorgehen, „weil Pollnow eine Adlige Stadt sei, und wo Patronii den Genuß davon haben wollten, würden
sie die Stadt wohl sublevieren (unterstützen) müssen“.
>>>>>
|